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Die Literatur dient im 18. Jahrhundert als Schule der Tugend. Die große Bedeutung, die der Liebe zur Tugend und der Abscheu vor dem Laster nun beigemessen wird, entstammt zwar der Ideologie des erstarkenden Bürgertums, wird vom Adel jedoch als Wert anerkannt und übernommen. In der zweiten Jahrhunderthälfte verbreitet sich eine realistische Schreibweise in den Romanen: die Helden werden entheroisiert, die Handlungen spielen zunehmend in der Gegenwart, Psychologisierung und Subjektivität nehmen weiter zu, oft wird in der ersten Person erzählt. Das Laster, gegen das die Tugend nicht mehr selbstverständlich siegt, steht verstärkt im Mittelpunkt der Beschreibung. Die Romanautoren müssen sich dementsprechend nicht nur gegen Unwahrschein-lichkeits-, sondern auch zunehmend gegen Immoralismusvonvürfe verteidigen. Während die Literatur, als Schule der Tugend, zunächst aus pädagogischen Gründen besonderen Wert auf die enge Verbindung zwischen Tugend und Glück gelegt hatte, wird dieses Konzept durch die vertu malheureuse gesprengt. Richardsons Clarissa ist das erste Hauptwerk des sich zunehmender Beliebtheit erfreuenden Themas der verfolgten Unschuld.1 Es findet in den Liaisons dangereusesvon Choderlos de Laclos einen weiteren Höhepunkt. Zwar wird in diesem Roman das Böse noch bestraft, doch die Tugend im Diesseits für ihr Verhalten nicht mehr belohnt. Zu ihrer Verteidigung weisen die Vertreter dieses Konzepts zumeist auf den moralischen Nutzen ihrer Werke hin: Man müsse das Böse realistisch schildern, um es erkennen und ihm entgegentreten zu können.