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Demokratie, pragmatistische Pädagogik, und die Kritik an ihr
Ist Teil von
Jahrbuch für Pädagogik, 2009-01 (1), p.283-294
Ort / Verlag
Peter Lang GmbH
Erscheinungsjahr
2009
Link zum Volltext
Quelle
Free E-Journal (出版社公開部分のみ)
Beschreibungen/Notizen
Der Pragmatismus, also jene von Charles Sanders Peirce begründete, von William James, George Herbert Mead, Jane Addams und John Dewey entfaltete Philosophie scheint zumal für die Erziehungswissenschaft unwiderstehlich zu sein. Mit seiner metaphysikkritischen, der modernen
Naturwissenschaft und ihrem experimentellem Ethos ebenso wie der gegenüber der Demokratie aufgeschlossenen Haltung und der auf beidem begründeten ,,progressive education" die - im Unterschied zur deutschen Tradition - eine demokratische und nicht geistesaristokratisch-elitäre
Reformpädagogik ermöglicht, wird er all jene anziehen, die nach dem Niedergang der großen Erzählungen von Philosophie und Politik - namentlich nach dem Ende des Marxismus als einer politischen Kraft - gleichwohl am Programm einer menschenfreundlichen, mindestens
an einem subjektiven sozialen Fortschritt orientierten Praxis interessiert sind. Davon überzeugt etwa ein Blick in das Namensregister des ,,Historischen Wörterbuchs der Pädagogik", gemäß dessen Dewey nach Platon, Kant, Herbart, Schleiermacher Rousseau und Humboldt
einer der meist zitierten Autoren ist. Seit Jürgen Habermas und Karl-Otto Apel vor mehr als dreißig Jahren den Pragmatismus vor allem im Werk von Charles Sanders Peirce entdeckten, scheint festzustehen, dass allein eine sprach- und zeichentheoretisch reformulierte Philosophie, die
die Begabung zu Sprache und Signifikation und damit zur Erhebung von Wahrheitsansprüchen als eine evolutionär entstandene Disposition der Gattung ,,Homo sapiens" versteht, noch in der Lage ist, jene normativen Ansprüche auf Wahrheit und Gerechtigkeit einzulösen, die
nach der positivistischen und sprachanalytischen Kritik an der Metaphysik noch übrig blieben. Der Pragmatismus - so KarlOtto Apel schon 1967 - ,,ist die funktionierende Philosophie des öffentlichen Lebens der westlichen Industriegesellschaft." (Apel 1976, Bd.2,
S. 371) Im Werk des Gegenwartsphilosophen Richard Rorty, dessen Sprachphilosophie die Annahme jeder extralinguistischen Realität ausschließt und der sich an einer mitleidsgestützten Ethik versucht, hat dieser Versuch seine vorläufig letzte Form angenommen. Indem Rorty
den Versuch unternimmt, einen entabsolutierten Hegel - also eine Theorie des objektiven Geistes als kontingenter Sprachgemeinschaften - mit einem nicht mehr reduktionistischen Naturalismus, sprich Darwinismus, zu versöhnen, gerät ihm John Dewey zum Kronzeugen einer zeitgemäßen,
zeitgenössischen Kultur, die endlich Abschied vom Prinzipiellen genommen hat: An die Stelle der überkommenen Fragen Kants - was kann ich wissen, was soll ich tun, was darf ich hoffen, was ist der Mensch - könnten mit Deweys Instrumentalismus nun endlich die richtigen
Fragen gestellt werden: nach ,,Freudian accounts of inner moral conflicts, ethnographic descriptions of alternative forms of social life, experimentalism in literature and the arts - have made it steadily easier for us to substitute Deweyan questions such as ,Which communities,
purposes shall I share' ,What sort of person would I prefer to be'..." (Rorty 1995, S. 15).