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Die historische Entwicklung des deutschen Tempussystems gibt trotz umfangreicher Forschung noch einige Rätsel auf. Die vorliegende Studie widmet sich einem solchen und rückt das Verbalpräfix gi- in den ältesten Sprachstufen des Deutschen erneut in den Fokus. Sein Abbau gilt in der germanistischen Forschungstradition als exemplarisch für einen systemischen Wandel von einem germanischen Aspektsystem hin zu einem deutschen Tempussystem. Auf Grundlage zweier Korpustexte des Althochdeutschen und Altsächsischen wird nicht nur die basale Funktion von gi-, sondern vor allem seine Bedeutung für die temporalsemantische Organisation des altgermanischen Verbalsystems diskutiert und neubewertet. Besondere Aufmerksamkeit erhält vor allem die Charakteristik der funktionalen und textpragmatischen Kontexte, die bisherige fragmentarische und formgebundene Darstellungen ergänzen sollen. Dabei zeigt sich, dass frühere Ansätze mit ihrer Suche nach Kooperationsbereichen von temporalsemantischen Strukturmustern und vermeintlichen Vertretern eines germanischen Aspektsystems weitgehend verfehlt sind und die Wirkungsbereiche der altgermanischen Präfigierung vielmehr im Bereich der Diathese als im Bereich von Aspekt und Tempus verortet werden müssen
The degradation of the verbal prefix gi- is considered essential for the development of the modern German tense system in Germanic language history research. The present study undertakes a re-evaluation and shows, on the basis of a corpus analysis of Old High German and Old Saxon, that the spheres of action of Old Germanic prefiguring are not to be found in the area of aspect and tense, but rather in the category of diathesis