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Gewaltmassen : Über Eigendynamik und Selbstorganisation kollektiver Gewalt [electronic resource]
Auflage
1st ed
Beschreibungen/Notizen
Gewalt wird in weiten Teilen der Welt verurteilt, und doch ist sie omnipräsent. Männer und Frauen sind besonders als Teil einer Gruppe oder Menschenmenge dazu bereit, Gewalt auszuüben, die sie zuvor als illegitim und unvereinbar mit ihrem Selbstverständnis wahrgenommen haben. Während die Erforschung von kollektiver Gewalt insgesamt organisatorische Erklärungen privilegiert, widmet sich dieses Buch Prozessen spontaner, ungeplanter Ordnungsbildung. Anhand zahlreicher empirischer Beispiele werden die Mechanismen, die Prozesse und die (Rück-)Wirkungen verschiedener Verlaufsformen von nicht-organisierter kollektiver Gewalt untersucht, deren Kenntnis für jedwede Intervention notwendig ist.
Gewaltforscherinnen und -forscher aus Soziologie, Geschichte, Ethnologie, Psychologie und Philosophie untersuchen in diesem Buch die Prozesse, durch die Männer und auch Frauen in Gruppen und Menschenmengen gemeinschaftliche Gewalt ausüben, die sie zuvor als illegitim und unvereinbar mit ihrem Selbstbild wahrgenommen haben. Sie ergründen, in welcher Weise kollektive Erlebnisse unvorhergesehene Gewaltverläufe initiieren, welche gruppenbedingten Erfahrungen Gewalt zu einer selbstverständlichen oder gar »attraktiven« Handlungsoption machen, ob es typische (Verlaufs-)Formen von nicht-organisierter Gewalt gibt und wie sich kollektive Gewaltroutinen einspielen. Das Spektrumder behandelten Phänomene reicht dabei von unblutigen Tumulten in einem Theater über Protestgewalt, Lynchmobs und Kriegsgräuel bis hin zu der Entstehung von Volksmilizen und der Radikalisierung von Untergrundorganisationen. In einer Welt, in der Gewalt in weiten Teilen zwar grundsätzlich verurteilt wird, sie aber gleichzeitig omnipräsent zu sein scheint, bietet diese multiperspektivistische Betrachtung, die neben den Entstehungsbedingungen auch die Phänomenologie und die Eigendynamik unterschiedlichster Gewaltereignisse einbezieht, einen Erklärungsansatz wie auch aktuelle Orientierung.
Cover; Titelseite; Impressum; Inhaltsverzeichnis; Axel T. Paul | Benjamin Schwalb, Vorwort; Axel T. Paul, Masse und Gewalt; Jack Katz, Epiphanie der Unsichtbarkeit. Wendepunkte bei Unruhen: Los Angeles 1992; Eine kurze Chronik der Ereignisse; Konstruktion einer Epiphanie der Unsichtbarkeit; Vorspiel: die Schwächung der Staatsgewalt; Die Eröffnungsszenen: unverfrorene Angriffe auf die Staatsgewalt; Arbeiten an der Unsichtbarkeit; Die Sichtbarkeit der anonymen Unordnung; Moralische Unsichtbarkeit in einem surrealen Kontext; Das Ende
Der Charakter und die Eventualitäten der persönlichen Unsichtbarkeit bei GruppenaktionenPaul Dumouchel, Massengewalt und konstitutive Gewalt; Gewaltsame Interaktionen und kollektive Psychologie; Mimetische Krise und konstitutive Gewalt; Konstitutive Gewalt als Hypothese; Richard K. Moule Jr. | Scott H. Decker | David C. Pyrooz, Kollektive Gewalt, Gangs und das Internet; Gruppenprozesse in der Gang; Der Zyklus der Bandengewalt als kollektives Verhalten; Technologie, Gruppenprozesse und Bandengewalt; Gruppenprozesse ins Internet bringen; Technologie und der Zyklus der Bandengewalt
SchlussfolgerungThomas Klatetzki, »Hang 'em high«. Der Lynchmob als temporäre Organisation; Lynchen als vigilantes Gewalthandeln; Der theoretische Rahmen; Das Lynchskript; Die emotionale Basis des Lynchskripts; Varianten des Lynchskripts; Stephen Reicher, »Tanz in den Flammen«. Das Handeln der Menge und der Quell ihrer Freude; Veränderungen in der Menge; Transformationen über die Menge hinaus; Schlussfolgerung; Randall Collins, Vorwärtspaniken und die Dynamik von Massengewalt; Elemente der Vorwärtspanik; Konfrontationsanspannung/Angst; Arten der Vorwärtspanik
Andere Ursachen von Gewalt in MenschenmengenMilitärische Vorwärtspaniken; Vorwärtspaniken bei politischen Demonstrationen; Ferdinand Sutterlüty, Kollektive Gewalt und urbane Riots. Was erklärt die Situation?; Was ist eine situationistische Erklärung gewalttätigen Handelns?; Vom Ertrag situationistischer Analysen für die Erforschung kollektiver Gewalt; Vereinseitigungen situationistischer Gewalttheorien; Paul Richards, Der Aufstand als Performance. Ein anthropologischer Blick auf die Premiere von Le Sacre du printemps; Das Werk; Im Vorfeld des Theateraufstands
Der Aufstand bei der Premiere von Le Sacre du printempsErklärungen für den Aufstand; Konfuse Botschaften - sandte Le Sacre du printemps das falsche Signal aus?; Weitergehende Lehren aus der Fallstudie; Schlussfolgerung - Le Bon und Durkheim; Anthony King, Der Massenangriff. Infanterietaktiken im 20. Jahrhundert; Der SLAM-Effekt; Das Bajonett; Individuelle Kampfhandlungen; Fazit; Felix Schnell, Von dörflicher Selbsthilfe zur paramilitärischen Miliz. Spontane Vergemeinschaftung durch Gewalt im Russischen Bürgerkrieg (1918); Gewalttätige Selbsthilfe im russischen Dorf
Das russische Dorf und der Erste Weltkrieg
Gewalt wird in weiten Teilen der Welt verurteilt, und doch ist sie omnipräsent. Männer und Frauen sind besonders als Teil einer Gruppe oder Menschenmenge dazu bereit, Gewalt auszuüben, die sie zuvor als illegitim und unvereinbar mit ihrem Selbstverständnis wahrgenommen haben. Während die Erforschung von kollektiver Gewalt insgesamt organisatorische Erklärungen privilegiert, widmet sich dieses Buch Prozessen spontaner, ungeplanter Ordnungsbildung. Anhand zahlreicher empirischer Beispiele werden die Mechanismen, die Prozesse und die (Rück-)Wirkungen verschiedener Verlaufsformen von nicht-organisierter kollektiver Gewalt untersucht, deren Kenntnis für jedwede Intervention notwendig ist.
Axel Paul, Prof. Dr., ist seit 2012 Ordinarius für Allgemeine Soziologie an der Universität Basel, von 2009 bis 2012 war er Professor für Allgemeine Soziologie an der Universität Siegen. Er ist Mitherausgeber der Zeitschrift Leviathan und Saeculum.
Benjamin Schwalb, wissenschaftlicher Assistent am Seminar für Soziologie der Universität Basel.
Felix Schnell, PD Dr. phil., Osteuropahistoriker, ist Senior Lecturer am Department of History der University of Essex.
Bernd Greiner, Prof. Dr., Historiker, ist Leiter des Berliner Kollegs Kalter Krieg und Professor für Neueste und Zeitgeschichte an der Universität Hamburg.
Randall Collins, Prof. Dr., Inhaber des Dorothy-Swaine-Thomas-Lehrstuhls für Soziologie an der University of Pennsylvania. Randall Collins lehrt außerdem Soziologie im Fachbereich Kriminologie.