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Der Erlebnisraum Lutherstadt Wittenberg : Genese, Entwicklung und Bestand eines protestantischen Erinnerungsortes
Auflage
1st ed
Beschreibungen/Notizen
Description based upon print version of record.
Includes bibliographical references.
Cover; Title Page; Copyright; Table of Contents; Body; Vorwort; Einleitung: Erinnerung und Erinnerungskultur im Protestantismus; 1. Methodischer Zugriff; 2. Stand der Forschung und Quellenlage; I. Einheit von Thron und Altar: Wittenberg 1883- 1918; 1. Zwischen sächsischer Vergangenheit und preußischer Identität; 1.1 Das Interesse der Hohenzollern; 1.2 Wittenbergs Ausbau zur Denkmallandschaft; 2. Das Lutherjubiläum 1883; 2.1 Die kirchliche Lutherfeier im September; 2.2 Die Einweihung der Lutherhalle; 2.3 Von der Kirchen- zur Kommunalfeier; 2.4 Luther feiern ohne Luther - Der Festumzug
3. Die Reformatorenhäuser3.1 Musealer Tiefschlaf des Lutherhauses; 3.2 Vom Sammlungsdepot zum Museum; 3.3 Mythos Evangelisches Pfarrhaus; 3.4 Die Ausweitung der Heldengalerie: Melanchthon und Bugenhagen; 4. Die Schlosskirche - Ein Großprojekt preußisch-deutscher Geschichtspolitik; 4.1 Konzeption als Protestantisches Pantheon; 4.2 Ein Nationaldenkmal gegen Katholiken und Sozialisten; 4.3 Die Einweihungsfeier als Herrschaftsinszenierung; 4.4 Der Fürstenzug - Eine Heerschau des protestantischen Adels; 4.5 Das Wittenberger Bekenntnis: Gründungsakt einer idealpolitischen Ordnung
5. Stadtraum und Natur5.1 Denkmallandschaft im Landschaftsgarten; 5.2 Die Luthereiche; 6. Ein Ausdruck bürgerlicher Selbstschau: Das Lutherfestspiel; 7. Besuch der Wittenberger Lutherstätten; 7.1 Imagination und Realität; 7.2 Das Jubiläum als touristische Initialzündung; 7.3 Formen des touristischen Besuchs; 8. Vom Glaubens- zum Nationalhelden; 8.1 Die Erweiterung des Lutherhauses; 8.2 Enttäuschte Hoffnung: Das Reformationsjubiläum 1917; II. Mehr Tradition als Aufbruch: Die Zeit der Weimarer Republik; 1. Reformationserinnerung unter neuen Bedingungen
1.1 Das Ende der Einheit von Thron und Altar - Die Identitätskrise nach 19181.2 Luther als zentrale Selbstbildressource; 1.3 Luther als Alleinstellungsmerkmal - Die Konkurrenz zu anderen Lutherstätten; 1.4 Ein anerkannter Mittelpunkt evangelischen Lebens; 1.5 Wittenberg und der politische Protestantismus im Reich; 1.6 Die internationale Ausstrahlung der Lutherstadt; 2. Um- und Ausbau der Denkmallandschaft; 2.1 Ein authentischer Erinnerungsort?; 2.2 Die Stadtkirche: Von der Gebrauchskirche zum Denkmal; 2.3 Die Schlosskirche: Denkmal oder Gotteshaus?
2.4 Die Lutherhalle: Professionalisierung der Museumsarbeit2.5 Das wissenschaftliche Prinzip der Anschauung; 3. Die Jubiläumsfeiern als Ausdruck gesellschaftlicher Konflikte; 3.1 Das Fest als Mittel der Standortbestimmung und Selbstvergewisserung; 3.2 Das Reformationsjubiläum als Integrationsmechanismus; 3.3 Arbeiter außenvor; 3.4 Lutherfestspiel und Volkskultur; 4. Aufbruch in den modernen Fremdenverkehr; 4.1 Moderne Fremdenverkehrsstrukturen; 4.2 Protestantische Pilger? Die Wallfahrt nach Wittenberg; 4.3 Pathos der Erklärung und Verkündung
III. Führerkult und Lutherinszenierung - Die Zeit des Nationalsozialismus
Silvio Reichelts Arbeit untersucht den in Wittenberg gepflegten Umgang mit dem reformationsgeschichtlichen Erbe der Stadt unter den Bedingungen von fünf verschiedenen politischen Systemen. Die analytische Tiefenbohrung im »historisch langen Bogen« von 1883 bis 2011 zeigt, wie der Erlebnisraum Lutherstadt Wittenberg als historischer Raum des Wissens, politischer Raum der Ideologie und sakraler Raum des Glaubens Erinnerung leiten, kanalisieren und kodieren konnte. Deutlich wird dabei, dass historische Erinnerung die Vergangenheit nicht einfach rekonstruiert, sondern sich vielmehr als permanenter Überschreibungsprozess charakterisieren lässt. Bewohner und Besucher machen sich mittels Erinnerung ein »Bild« von der Vergangenheit, ein Prozess, der stets an den Raum gebunden ist. Deshalb ist die Geschichte der in Wittenberg betriebenen Reformationserinnerung nicht nur eine des Schutzes und der Erhaltung eines historischen Stadtraums, sondern sie ist auch eine Folge von räumlichen Operationen, die der Formierung eines gewünschten Vorstellungshorizonts dienten. Wittenberg war seit dem 19. Jahrhundert einem ständigen Formenwandel unterworfen, der sich zwischen den Polen Authentizitätsanspruch, Geschichtswert und Vergegenwärtigungszweck bewegt hat. Dieser Prozess war mit einer grundsätzlichen Bedeutungsverschiebung der Reformation verbunden: Während ihre sinnstiftende Bedeutung als religiöses Moment tendenziell schwand, nahm ihre erlebnisorientierte Wahrnehmung als beschauliches historisches Ambiente zu. Reichelts historischer Rückblick liefert wichtige Erkenntnisse für die gegenwärtig praktizierte Reformationserinnerung. Dies gilt sowohl für den Umgang mit den materiellen Zeugnissen der Vergangenheit als auch für die Kommemoration im Fest und die Ausgestaltung des Luthertourismus.
Dr. phil. Silvio Reichelt ist Wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Forschungsstätte der Evangelischen Studiengemeinschaft (FEST) Heidelberg.
Dr. Günter Fran ist Direktor der Europäischen Melanchthon-Akademie Bretten und außerplanmäßiger Professor am Karlsruher Institut für Technologie.
Dr. phil. Barbara Mahlmann-Bauer ist Professorin em. für "Neuere deutsche Literatur" an der Universität Bern.
Johannes Schilling ist Professor im Ruhestand für Kirchengeschichte an der Universität Kiel.
Dr. Günther Wassilowsky ist Professor für Kirchengeschichte an der Humboldt-Universität zu Berlin.
Prof. Dr. Siegrid Westphal ist Inhaberin des Lehrstuhls für Geschichte der Frühen Neuzeit an der Universität Osnabrück sowie Direktorin des Forschungszentrums Institut für Kulturgeschichte der Frühen Neuzeit.
Tarald Rasmussen ist Professor für Kirchengeschichte an der Universität Oslo.
Dr. Bruce Gordon is Professor of Ecclesiastical History at Yale Divinity School.