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Einleitung: Zeitgenössische Gesellschaftstheorien und Genderforschung
Ist Teil von
Zeitgenössische Gesellschaftstheorien und Genderforschung, 2013, p.1-12
Ort / Verlag
Germany: VS Verlag fur Sozialwissenschaften GmbH
Erscheinungsjahr
2013
Link zum Volltext
Quelle
Alma/SFX Local Collection
Beschreibungen/Notizen
Die Marginalisierung der Kategorie Geschlecht in der Soziologie hat ihre Wurzeln in der funktionalen Ausdifferenzierung der Wissenschaft, die im 17. Jahrhundert einsetzt und „ihre Außengrenzen erst im 19. Jahrhundert“ stabilisiert, „zeitgleich zur Ausdifferenzierung der Familie als privater Sphäre, die von nun an den Gegenpol zur Berufswelt bildet“ (Heintz et al. 2004, S. 20; vgl. auch die Beiträge in Wobbe 2003). In der Wendezeit zum 20. Jahrhundert ist die Soziologie damit befasst, die sozialen Gesetze zu verstehen, welche sie hinter den gewaltigen Gesellschaftsumbrüchen, deren Zeugin sie ist, vermutet. Dabei reflektiert und verschleiert sie mit ihren neuen Gesellschaftstheorien die materiale Basis ihrer Existenz. So rekonstruieren Simmel (1985) und auch Durkheim (1973) einerseits die sozialen Strukturen, welche die Geschlechterbeziehung als Machtverhältnis und Resultat von Arbeitsteilung herstellen – um sie andererseits zugleich als Naturphänomene zu substantialisieren und zu verklären (vgl. Wobbe et al. 2011, S. 10–11). In den 1940er Jahren dreht Parsons (1964) dieses Verhältnis von Dekonstruktion und Substantialisierung um, wenn er die geschlechtliche Arbeitsteilung als unumgänglich für den Strukturerhalt funktional differenzierter Gesellschaften konstatiert, aber die geschlechtstypischen Charakterzüge von Männern und Frauen auf ihre unterschiedliche Sozialisation und gesellschaftliche Verortung zurückführt (vgl. Becker-Schmidt 2008, S. 65). Insgesamt lässt sich also festhalten, dass die Soziologie „[t]rotz weitreichender Entnaturalisierungsversuche […] immer noch eine natürliche [bzw. indisponible; H.K. und C.W.] Ordnung unterstellt“ hat (Degele 2003, S. 13), zumindest wenn es um die Geschlechterdifferenz und die Geschlechterverhältnisse geht: In ihren Theorien gelten Frauen überwiegend als ‚natürlich‘ und Männer als ‚rational‘ (vgl. Sydie 1994; ähnlich bereits Kandal 1988).