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Zusammenfassung
Viele Menschen mit geistiger Behinderung (MmgB) waren wesentlich stärker von COVID-19 betroffen als der Bevölkerungsdurchschnitt. Aufgrund ihrer Wohn- und Betreuungsformen sowie behinderungsassoziierter Gesundheitsfaktoren (wie etwa beim Down-Syndrom) war die Morbidität in dieser Bevölkerungsgruppe deutlich erhöht. Dies führte u. a. zu einer höheren Inzidenz in stationären Einrichtungen, einer höheren Sterblichkeit bei hospitalisierten Erkrankten und einer höheren Fallsterblichkeit bei bestimmten Subgruppen. Risikofaktoren waren Co-Erkrankungen wie Dysphagie, Epilepsie oder psychische Störungen. Hinzu kamen gesundheitliche Folgen durch einschränkende Maßnahmen der Expositionsprophylaxe zu Beginn der COVID-19-Pandemie.
Dieser Übersichtsartikel beschreibt die wesentlichen Entwicklungen in der Versorgung von MmgB seit Pandemiebeginn. Neue bzw. eine Verstärkung bereits vorhandener psychischer Probleme traten häufiger bei ambulant oder von Angehörigen betreuten MmgB auf. MmgB in stationären Wohneinrichtungen waren seltener betroffen. Gründe für psychische Probleme waren v. a. fehlende soziale Kontakte, weggefallene Arbeits- und Beschäftigungsmöglichkeiten, die Angst machende Pandemiesituation sowie die großen strukturellen und personellen Veränderungen in den Einrichtungen zu Beginn der Pandemie. Während der Pandemie gab es zudem Probleme bei der Umsetzung therapeutischer und präventiver Maßnahmen. Dagegen wirkte sich vor allem im stationären Bereich die mit den Einschränkungen verbundene „Entschleunigung des Lebens“ zu Pandemiebeginn bei einem Teil der MmgB auch stressreduzierend aus und wurde von ihnen als etwas Positives empfunden. Betreuungskräfte hatten mehr Zeit für die eigentliche (= pädagogische) Arbeit. Insgesamt zeigte sich, dass gesundheitsfördernde Maßnahmen auch während der Pandemie die große Heterogenität der MmgB und ihrer Lebensbedingungen berücksichtigen müssen.