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Iphigenie in der DDR. Jochen Bergs Im Taurerland als Mythenkorrektur von Goethes Iphigenie auf Tauris
Ist Teil von
Goethe yearbook, 2024-01, Vol.31, p.47-67
Ort / Verlag
Rochester: Boydell & Brewer
Erscheinungsjahr
2024
Quelle
Literature Online (LION)
Beschreibungen/Notizen
Jochen Berg's play Im Taurerland (1978) has received little attention in literary research, and existing studies mainly focus on the author's alleged epigonal relationship to Heiner Müller. While critics have viewed the play as a simple critique of the GDR regime, Berg's original discussion with Goethe's Iphigenie auf Tauris (1786) and his role in contemporary debates of East German literature about postcolonial ideas and the emancipation of women have been widely neglected. By presenting Iphigenia as a sexual being rather than a holy virgin and by contrasting the cruel Greeks with the civilized Taurians, Berg explores issues of female agency and negative effects of imperialistic behavior. Der Vorwurf des Epigonentums trifft Berg allerdings nicht allein, denn den von Müller inspirierten philosophischen auf antike Mythen teilt er mit Autoren wie Stefan Schütz.4 Die Rezeptionsgeschichte von Bergs Drama ist aber nicht nur vor dem Hintergrund der Dramatik und insbesondere der Goethe-Rezeption in der DDR interessant, sondern zeigt vielmehr auf bemerkenswerte Weise, wie die literaturwissenschaftliche Betrachtung von Goethes Iphigenie auf Tauris als Prätext die Auseinandersetzung mit der Adaption Bergs prägt bzw. geradezu verengt.5 Die lange Zeit dominante und offenkundig nach wie vor wirkmächtige Interpretation von Goethes Stück als "Humanitäts-Weihfestspiel"6 führt einerseits zu einer Lesart von Im Taurerland, in der insbesondere die Gestaltung der Hauptfigur im Vergleich zum hohen Ideal der Vorlage beinahe zwangsläufig als mangelhaft erscheinen muss.