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Goethe yearbook, 2010, Vol.17, p.223
2010

Details

Autor(en) / Beteiligte
Titel
gegen: Bewegungen durch Goethes Der Mann von fünfzig Jahren
Ist Teil von
  • Goethe yearbook, 2010, Vol.17, p.223
Ort / Verlag
Rochester: Boydell & Brewer
Erscheinungsjahr
2010
Link zum Volltext
Quelle
Literature Online (LION eBooks)
Beschreibungen/Notizen
  • Diese Unterhaltung geben wir uns regelmäßig alle Tage, und werden dadurch nach und nach so gelehrt, daß wir uns selbst darüber verwunderten.2 Etwas verschleiert unter ihrem komischen Potential markiert diese Szene einen Modernisierungstrend innerhalb Goethes Werk, der später in Texten, die man als "postklassisch" bezeichnen könnte, ausgeprägter zum Tragen kommen wird.3 Das, was Friedrich und Philine hier betreiben, ist eine "Unterhaltung,"4 die sich von den anderen einschlägigen Lektüreszenen der europäischen Geistesgeschichte darin unterscheidet, dass sie nicht der Logik der Begegnung, sondern- wie das doppelte "gegeneinander" ostentativ exponiert- der Bewegung des Gegen folgt.5 Während nämlich in der Lektüre etwa von Francesca und Paolo Imagination und Körperlichkeit, Sinn und Materialität zusammenfallen, sich die Subjekte durch die empathische Lektüre eines Textes in einer "Stelle" treffen und in deren Sinn verschmelzen, so dass die Lektüre schlagartig an ihr Ende kommt- "Quel giorno più non vi leggemmo avante"- arbeiten Philine und Friedrich an einer Verknüpfung von Texten, die ob der exklusiven Einsichtnahme in die Texte- man sitzt ja "gegeneinander" und erblickt den Text des oder der anderen, wenn überhaupt, nur auf dem Kopf stehend- keinen Berührungs-, und ob der unerschöpflichen Möglichkeiten der seriellen Kombinatorik keinen Fluchtpunkt kennt.6 Allein dem arbiträr-externen Takt einer, wie es kurz darauf heißt, "alten verdorbenen Sanduhr" unterworfen, setzt sich die Lektüre, ohne jemals in der Herstellung von "Sinn" zu kulminieren, tendenziell ins Endlose fort, und deutet auf diese Weise auf das Grundmodell einer sich nie erschöpfenden Kommunikation.7 Wenn es zutrifft, dass die Signatur des "Postklassischen" im Übergang von einer Präferenz für den Modus der Begegnung zu einer für die Bewegung des Gegen zu suchen ist, dann ist eine erhöhte Aufmerksamkeit auf eben diese Bewegung des Gegen indiziert. Bemerkenswert vor allem erscheint, dass auch über den "Seiteneinstieg" der Präposition 'gegen' ein Weg zu dem, wie etwa der Kommentar Gerhard Neumanns bestätigt, einschlägigen Thema der Zeichenzirkulation führte.21 Ein Vorzug des Verfahrens, den Fokus auf die Spuren von 'gegen' im Text zu legen, zeigte sich dabei darin, dass so deutlicher in den Blick geriet, wie das Phänomen der Zeichenzirkulation mit den Bewegungsmodi der Figuren durch den Text verkoppelt ist, und gemeinhin recht abstrakte Postulate zur "entfesselten Semiose" oder dem "Konzept des beziehungsreich widersprüchlichen, an die Peripherie seiner selbst gedrängten Erzählens" - beides von Waltraud Wiethölter für die Analyse der eingangs zitierten Leseszene zwischen Friedrich und Philine in Anschlag gebracht Termini - so im buchstäblichen Sinne Gestalt annehmen.22 Würde eingangs die Hypothese aufgestellt, dass die Präferenz für den Modus des Entgegen als Signatur "postklassischer" Erzählverfahren gelten kann, so zeigte die genaue Lektüre des Textes, dass weniger von einer strengen Abfolge vom Begegnen zum Entgegen, als vielmehr von einer fortgesetzten Spannung zwischen diesen Modi auszugehen ist. Erinnert sei nur an Derridas klassische Lektüre des "vor" in Kafkas Vor dem Gesetz, Jacques Derrida, "Préjugés: Devant la loi," La faculté de juger (Paris: Les Éditions de Minuit, 1985) 87-139, hier 105-6 oder an Andreas Gailus' Problematisierung des "aus" im Untertitel von Kleists Michael Kohlhaas, Aus einer alten Chronik in "Border Narratives: Kleist's Michael Kohlhaas," Passions of the Sign: Revolution and Language in Kant, Goethe, and Kleist (Baltimore: Johns Hopkins UP, 2006) 107-49, hier 109-10. Nachweise werden im Folgenden nach der Ausgabe Johann Wolfgang von Goethe, "Wilhelm Meisters Wanderjahre," Sämtliche Werke, Briefe, Tagebücher und Gespräche, Abt. 1, Bd. 10, hg. v. Gerhard Neumann u. Hans-Georg Dewitz (Frankfurt am Main: Deutscher Klassiker Verlag, 1989) in runden Klammern im Text geführt als FA 1.10:

Weiterführende Literatur

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