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German studies review, 2012-05, Vol.35 (2), p.227
2012

Details

Autor(en) / Beteiligte
Titel
Charlotte Lennox' Don Quixote im Reifrocke (1754) und der frühe Roman von Frauen in Deutschland
Ist Teil von
  • German studies review, 2012-05, Vol.35 (2), p.227
Ort / Verlag
Baltimore: Johns Hopkins University Press
Erscheinungsjahr
2012
Link zum Volltext
Quelle
Project MUSE
Beschreibungen/Notizen
  • Lennox' drama The Sister (1769), das aus einem [Teil] ihres Romans Henrietta entstanden war, erschien unter dem [Der Titel] Was seyn soll, schickt sich wohl in mindestens 6 Ausgaben, zunächst 1776 in Friedrich Ludwig Schröders Schauspielsammlung Hamburgisches Theater, zusammen mit dem Drama Die Nebenbuhler von Thomas Sheridan, Klingers Die Zwillinge und Die reiche Frau von Lessings jüngerem Bruder Karl Gotthelf.9 Schröder bezeichnet diese Werke in seinem Vorwort als "Preisstücke", da sie aus einer Menge von Einsendungen ausgewählt worden waren. Das Hauptkriterium war dabei Originalität und "Brauchbarkeit", d.h. ihre Aufführbarkeit musste gewährleistet sein. Am Ende des Vorwortes erscheint eine "Bitte an Deutschlands Dichter", das [Werk] des Theaters zu unterstützen: "Ihr Eifer, und unser Dank und Aufmunterung, können in den Stand setzen, das eigentlich Ausländische zu entbehren, und den frommen Gedanken vom National-Theater zur Wirklichkeit zu bringen."10 Es herrschte zu diesem Zeitpunkt ein Mangel an geeigneten Stücken, und man bediente sich daher gerne bei der englischen Literatur, die sich großer Beliebtheit erfreute. Ironischerweise gibt Schröder hier allerdings zu verstehen, dass er lieber ohne Lennox' ausländischen Beitrag ausgekommen wäre, um die Idee des Nationaltheaters nicht zu unterminieren. Noch im gleichen [Im Jahr] folgte eine Ausgabe in Augsburg und ein Jahr später erschienen zwei weitere Ausgaben in Frankfurt bei [Johann Georg Hamann] Fleischer und in München in der Sammlung Neue Schauspiele, in letzterem Fall gebunden u.a. mit Gellerts Die junge Witwe. Noch am Ende des Jahrhunderts erschien eine weitere Ausgabe der Komödie in Hannover (1796) bevor sie 1804 zum letzten mal in J. F. Jüngers Theatralischer Nachlaß in Regensburg veröffentlicht wurde. Alle Rezensenten erwähnen das Geschick der Autorin. Die Schlesischen Zuverläßigen Nachrichten loben Lennox' Dialoge, bei der "die Verfasserin ihrem Gemählde die rechte Abtheilung des Lichts und Schattens gegeben" (160). Die Westphälischen Bemühungen bescheinigen eine überzeugende Charakterisierung: "sie [Lennox] beobachtet auch die Charakter ihrer Personen mit einer guten Wahrscheinlichkeit," (224) und in der Berliner Priviligierten Zeitung erkennt [Gotthold Ephraim Lessing] die Gradlinigkeit der Handlung an: "Langweilige Zwischenerzählungen, womit der spanische Roman angefüllt ist, wird man nicht darinne finden" (186). Und trotzdem ist in allen Besprechungen eine grundsätzliche Geringschätzung in Bezug auf die weibliche Autorenschaftzu erkennen. Lessing schreibt: "Die Verfasserin desselben ist ein [Frauenzimmer], welchem man echten Witz und alles was zur Verfertigung einer anmutigen Schriftgehöret, nicht absprechen kann," (186) und in den Westphälischen Bemühungen ist zu lesen: "Wir müssen gestehen, daß die Englische Verfasserin dieser Schriftihren Vorgänger glücklich nachgeamet" (223). Es wird bei beiden der Eindruck erweckt, es müsse sich bei Lennox um eine weibliche Ausnahmeerscheinung handeln. Die Schlesischen Zuverläßigen Nachrichten kommen zu dem abschließenden [Urteil]: "So muß man aus Höflichkeit über jenen Mangel hinwegsehen, und die Verfasserin dennoch für eine geschickte Lehrmeisterin ihres Geschlechts halten" (160). Es ist gerade diese verdeckte Voreingenommenheit gegenüber Romanen von Frauen, die Jane Spencer auch für die zeitgenössischen englischen Rezensenten erkannt hat, wenn sie feststellt: "Behind the reviewer's compliments there was often a contempt for feminine writing."38 [Gernot Gabel] führt Karl Johann Braun zu Braunthals 1844 erschienende Donna Quixote als frühestes Zeugnis eines deutschen Romans an, der einen weiblichen Don Quixote im Titel führt.44 Allerdings war bereits ein Jahr vor der deutschen Übersetzung von Lennox' Roman in dem Roman Hilarius Goldsteins [Leben] und Reisen (1752) ein weiblicher Don Quixote aufgetreten.45 In diesem Werk wird die wissensbegierige Aurora u.a. von den Werken ihrer bevorzugten Autoren Voltaire und Boileau "vernebelt" und von ihrem Vater vor den schädlichen Folgen gewarnt, "die ein übertriebenes und ausschweifendes Studieren nach sich ziehen können" (65). Aurora lässt sich zu der Aussage "Wer Voltairen nicht gelesen hat, den rechne ich nimmermehr unter die vernünftigen Geschöpfe" (73) hinreissen, worauf der Erzähler erklärt: "Ich machte beym weggehen über den mitleidenswürdigen Zustand dieses schönen Kindes, allerhand Betrachtungen. Ich verdammte diejenigen Schriftsteller, die ihre Religion verdorben, ihren Verstand (der von Natur aus bewundernswürdig war) verrücket, mithin sie zum Gelächter der Stadt gemacht hatten" (78). Aurora wird durch das [Lesen] von Gellerts 57. Brief zur Vernunftgebracht und macht einen "standhaften Liebhaber zum glücklichsten Menschen" (81). Gellert hatte in seinem Brief davor gewarnt, was geschehen würde, wenn Mädchen In Lennox' Roman zeigt die Heldin Arabella ein großes Verlangen ihr Wissen einzubringen und Diskussionen zu bestimmen. Sie spricht über die Olympischen Spiele, Astronomie, Literatur und Geschichte und diskutiert in Bath über die medizinische Wirkung der Quellen und die Ökonomie der Bäder. Dieser Don Quixote Charakter ist aktiver und vielschichtiger und ermöglicht der Autorin Lennox so, unter dem Deckmantel der Satire, die als prätentiös dargestellte männlich dominierte Gelehrtenwelt zu hinterfragen. So trifftArabella auf den Gelehrten Selvin, den sie, als das Thema der griechischen Geschichte erörtert wird, in Schwierigkeiten bringt. Sie ignoriert die von ihr erwarteten weiblichen Konventionen, indem sie sich von ihm, einem männlichen Gelehrten, nicht belehren läßt, und sie ihn stattdessen unterbricht und ihm widerspricht. Das Resultat ist der Rückzug Selvins: "Die Scham sich in einer, ihm so eigenthümlichen Sache, von einem Frauenzimmer eingetrieben zu sehen, brachte ihn zu dem Entschlusse, sich aus der Gelegenheit zu ziehen . . ." (455). Er tritt ab mit der Erkenntnis: "Ich gestehe, sagte Selvin indem er vor Scham über ihre größere Gelehrsamkeit in der Geschichte die Augen niederschlug, alle diese besondern Umstände sind mir bisher unbekannt gewesen . . ." (457). Hier geht es nicht um die Bildung der Frau zum Zwecke der besseren Unterhaltung des Mannes. Hier geht es darum, die Vormachtstellung des männlichen Gelehrten subtil zu untergraben.
Sprache
Deutsch
Identifikatoren
ISSN: 0149-7952
eISSN: 2164-8646
DOI: 10.1353/gsr.2012.0063
Titel-ID: cdi_proquest_journals_1317981158

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